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Jan24

Neuerungen im Erbrecht ab 2017

Durch das Erbrechts-Änderungsgesetz (ErbRÄG) 2015 unterliegt das österreichische Erbrecht eine der bedeutendsten Umwandlungen seit etlichen Jahren. Die wesentlichen Neuerungen, über welche wir in diesem Journal informieren möchten, treten mit 01.01.2017 in Kraft.

Verschärfungen Formvorschriften fremdhändiges Testament
Bislang war bei einem fremdhändigen Testament neben dem Zeugenerfordernis die eigenhändige Unterschrift des Verstorbenen ausreichend. Ab 2017 muss bei einem fremdhändigen Testament – zusätzlich zu der Unterschrift – ein eigenhändiger Zusatz enthalten sein, dass dies der letzte Wille ist (z.B. „Mein letzter Wille“). Die drei Zeugen müssen künftig ebenfalls gleichzeitig anwesend sein. Die Identität der Zeugen muss zudem aus dem Testament eindeutig hervorgehen.
Gleichstellung eingetragene Partnerschaft
Eingetragene Partnerschaften sind zukünftig Ehegatten gleichgestellt. Ist in diesem Artikel daher von Ehegatten die Rede, sind zudem auch eingetragene Partnerschaften gemeint.
Pflegevermächtnis
Die Pflegeleistung von nahen Angehörigen, die den Verstorbenen in seinen letzten drei Lebensjahren mindestens sechs Monate betreut haben, soll gewürdigt werden (sogenanntes „Pflegevermächtnis“). Dabei muss die Pflege im größeren Umfang (zumindest 20 Stunden pro Monat) und unentgeltlich erfolgen. Die Höhe des Pflegevermächtnisses ist individuell und hängt von der Art, Dauer und Intensität der Pflege ab. Das Pflegevermächtnis gebührt zusätzlich zum Pflichtteil.
Erbrecht von Lebensgefährten
Nach bisheriger Rechtslage haben Lebensgefährten keine gesetzlichen Erbansprüche, d.h. sie erben nur, wenn dies in einem eigens dafür angefertigten Testament vorgesehen ist. Sind keine gesetzlichen Erben vorhanden, erben die Vermächtnisnehmer bzw. in letzter Konsequenz der Staat. Mit dem ab 2017 eingeführten außerordentlichen Erbrecht für Lebensgefährten fällt bei fehlenden Erben (gesetzlich oder durch Testament bestimmt) der Nachlass den Lebensgefährten zu. Für die Gültigkeit von diesem außerordentlichen Erbrecht muss der Lebensgefährte mit dem Verstorbenen zumindest drei Jahre lang im gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Zusätzlich darf der Verstorbene nicht anderwärtig verheiratet gewesen sein.

Abgesehen davon erhält der Lebensgefährte das Recht in der gemeinsamen Wohnung ein Jahr weiter zu leben und den Hausrat zu verwenden.
Aufhebung von Testamenten durch Scheidung
Nach aktueller Rechtslage wird ein Testament, welches zugunsten des Ehepartners abgeschlossen wurde, durch Scheidung nicht aufgelöst, sondern es bedarf einen Widerruf. Dieser Widerruf wird ab dem Jahr 2017 automatisch angenommen, wenn die Ehe bzw. bei Lebensgefährten die Lebensgemeinschaft nicht mehr aufrecht ist. Das Testament gilt in diesem Fall als aufgehoben, außer der Verstorbene erklärt ausdrücklich, dass dies nicht eintreten soll.
Pflichtteilsberechtigte Personen
Das gesetzliche Erbrecht sieht für bestimmte Personen einen Anspruch auf einen Erbanteil vor, auch wenn diese im Testament nicht bedacht sind. Ab 01. Jänner 2017 wird dieser Personenkreis insoweit eingeschränkt, als dass nur noch die Nachkommen (insbesondere Kinder, Enkel, Urenkel) sowie der Ehegatte pflichtteilsberechtigt sind. Die Eltern sowie weitere Vorfahren werden nicht mehr bedacht.
Stundung Pflichtanteil
Der Erbe ist verpflichtet, den Berechtigten den Pflichtanteil auszuzahlen. Dieser wird laut aktueller Rechtslage sofort fällig. Ab 2017 kann der Pflichtanteil erst nach Ablauf eines Jahres eingeklagt werden, zudem besteht die Möglichkeit eine Stundung (von grundsätzlich bis zu fünf Jahren) oder Ratenzahlung entweder im Testament anzuordnen oder bei Gericht zu beantragen.
Erweiterung Enterbungsgründe
Bislang kann der Pflichtanteil den Berechtigten entzogen werden (=“Enterbung“), wenn gesetzlich verankerte Gründe dafürsprechen (z.B. strafbare Handlung gegenüber den Verstorbenen, Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe). Ab 2017 werden die Enterbungsgründe ausgedehnt, sodass ebenfalls Straftaten gegen nahe Angehörige des Verstorbenen sowie grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis als Enterbungsgründe gelten.

Tipp:
Haben Sie bereits ein Testament oder gedenken Sie ein solches aufzusetzen, wenden Sie sich an einen Notar oder Rechtsanwalt um ungewollte Folgen zu vermeiden.